Mit seinen ebenso poetisch und humorvoll wie sozial und politisch motivierten Werken hat sich der britische Street-Art-Künstler Banksy in den letzten Jahren in die Kunstgeschichte eingeschrieben. „Niemand weiß wer Banksy ist, aber jeder weiß wer er ist“ heißt es zu Beginn der Ausstellung „The Art of Banksy“, die noch bis 4. Oktober in den Wiener Sofiensälen zu sehen ist. Rund 100 Fotos sowie Reproduktionen von Graffitis des Künstlers – dessen Identität bis heute geheim ist – sind im großen Sofiensaal zu bewundern.
Autorisiert wurde die Schau, die seit 2016 (in veränderter Form) durch Europa tourt, vom Künstler allerdings nicht. Eine solche hätte mit Sicherheit anders ausgesehen. Man erinnere sich beispielsweise an die Lagerhausausstellung des Künstlers in Los Angeles (zu den Highlights zählte das Bemalen eines lebenden Elefanten) oder an dessen groß angelegte parodistische Disney-Freizeitpark-Projekt „Dismaland“. Mit so etwas lässt sich offenkundig schwer mithalten.

Die nun auch in Wien angelangte Präsentation „The Art of Banksy“ ist weniger auratische Kunstschau oder ungewöhnliches Kunstevent, sondern wirkt vielmehr als würde man einen Lexikon-Eintrag durchschreiten. Info-Tafeln neben den Werkreproduktionen liefern kurze Interpretationen und setzen die Bilder mit anderen Werken in Beziehung. Gespickt wird das Ganze mit aussagekräftigen Zitaten des Künstlers. Eine durchaus interessante Zugangsweise – allerdings drängt sich die Frage auf, ob sie den stattlichen Eintrittspreis von 19 Euro rechtfertigt. Zumindest – so versprechen die Organisatoren – soll ein Teil des Geldes als Spende an eine soziale Einrichtung zur Unterstützung syrischer Flüchtlinge fließen.

Von Krieg, Konsum und Kunst

Wie Banksy zu dieser Idee steht, ist ungewiss. Da er die gezeigten Arbeiten in anonymer Form im öffentlichen Raum schuf, hat er keine Rechte an diesen Bildern. Banksy selbst hat in mehreren seinen Werken den Syrienkrieg thematisiert und zählt zu den Unterstützern der Kampagne „#WithSyria“, die Flüchtlinge des Bürgerkrieges unter die Arme greift. In der Ausstellung zu sehen ist neben einer Reproduktion seiner bekannten Arbeit „Girl With Balloon“ auch ein Animationsfilm, der zum dritten Jahrestag der Krise veröffentlicht wurde. Nicht die einzigen sozialen Missstände, auf die Interessierte  im Laufe des Ausstellungsrundganges aufmerksam gemacht werden. Zu einer anderen Werk-Ikone des Künstlers zählen beispielsweise zwei sich küssende Polizisten. Eine Frau in einer Art Stubenmädchentracht – in der Ausstellung ein paar Meter weiter gehängt – ist anderorts gerade dabei unliebsamen Themen von der Straße  hinter eine Hauswand zu kehren.

Es sind eben jene Dinge, die von uns Menschen nur allzu oft unter den sprichwörtlichen Teppich gekehrt werden, die Banksy mit seinen Arbeiten wieder hervorkehrt. Nicht selten werden dabei Tiere zu Metaphern. Welches Bild könnte blinde menschliche Zerstörungswut besser symbolisieren als ein Affe, der überschwänglich auf einen Sprengauslöser hüpft? Doch nicht nur dieser Affe – 2019 wurde ein Bild von Banksy vom englischen Parlament, in dem Affen statt Menschen sitzen, um stattliche 11,1 Millionen Euro versteigert – zündelt. Nicht weit weg sehen wir eine Gruppe von Jugendlichen, die vor einem sich zur Fahne verwandelten Einkaufssack einer Supermarktkette ehrfürchtig die Hand aufs Herz halten? Wir alle sind Teil des Systems. Und so drängt sich unweigerlich die Frage auf: ist ein Ausbruch überhaupt möglich? Wohin geht beispielsweise die Wildkatze auf einen der ausgestellten Drucken, nachdem sie ihren Käfig bestehend aus einem Barcode verlassen hat? Die Antwort muss letztendlich jeder für sich selbst finden. Kunst allerdings, zitiert Banksy auf Instagram den englischen Kunstkritiker Robert Huges, sollte uns vernünftiger machen, uns zu Empfindungen führen, die wir sonst nicht hätten – und sie sollte Gemeingut der Menschen sein. Für den Eintritt ins „Dismaland“ waren übrigens damals nur rund vier Euro zu bezahlen. No fake!

„The Art of Banksy“
Noch bis 4.10.2020
Sofiensäle
Marxergasse 17
1030 Wien
Öffnungszeiten: montags bis freitags 12.00 bis 22.00 Uhr, samtags und sonntags 10.00 bis 22.00 Uhr
https://de.artofbanksy.at/

Zuletzt erregte Banksy Aufmerksamkeit als er in der Londoner U-Bahn mit seinen berühmten Rattensujets  fürs Maskentragen warb. Wer auf dem Laufenden bleiben will, kann Banksy auf Instagram folgen: https://www.instagram.com/banksy/

Geschrieben von Sandra Schäfer